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Gedanken



Es darf uns nicht daran liegen, das Vergangene festzuhalten oder zu kopieren, sondern wandlungsfähig das Neue zu erleben. Insofern ist Trauer im Sinn des Hängenbleibens am Verlust nicht gut und nicht im Sinne des wahren Lebens." (H. Hesse)

In unserer heutigen Zeit sind wir uns der Bedeutung der Vergangenheit nicht mehr bewusst, wir leben fast nur für die Zukunft, alles ist darauf ausgerichtet, Profit für das "Morgen" anzuhäufen. Für die Gegenwart und noch viel mehr für die Beschäftigung mit der Vergangenheit bleibt so kaum noch Zeit. Elementare Kenntnisse auch in Bezug auf die Bestattungskultur gehen verloren. Hinzu kommt die Angst, mit der eigenen Vergänglichkeit umzugehen, die letzten Endes in der Verdrängung der Themen "Tod" und Trauer mündet. Dies führt zu einem Identitätsverlust, der auf lange Sicht einen Kulturverlust zur Folge hat. Wir sind nichts ohne unsere Erinnerung, ohne unsere Geschichte. Erst daraus resultiert unsere Identität. Erinnern bedeutet, das Vergangene präsent werden zu lassen. Hier kommt der Bestattungskultur eine ganz wesentliche Rolle zu.

Wir leben in einer Kultur, in der Trauer keinen Platz hat. Es ist nicht erwünscht, das Hinterbliebene offen ihren Schmerz zeigen - schon gar nicht über einen längeren Zeitraum. Dabei hat sich gezeigt, wie groß das Bedürfnis nach stimmigen Abschiedsritualen ist anstelle einer genormten, gefühlsarmen Begräbniskultur. Unter Trauer wird in der Wissenschaft eine relativ stereotype Reaktion auf Verlust verstanden, wobei der Verlust sich auf ein Objekt (z.B. Partner) oder eine eigene Rolle (Beruf) beziehen kann. Im allgemeinen wird davon ausgegangen, das Hinterbliebene eines plötzlich Verstorbenen zunächst unter einer Art Schock stehen, dass sie den Verlust noch gar nicht fassen können. Dennoch sind viele Menschen in der Lage, große Mengen organisatorischer Arbeit zu bewältigen. Ohne groß nachzudenken wird ein Programmpunkt nach dem anderen abgehakt. Dabei ist es jetzt außerordentlich wichtig inne zu halten und zu erkennen, was das eigentliche Bedürfnis ist. Trauer ist im Empfinden und in ihrer Funktion für des Seelenleben dem Schmerz verwandt und wird als Reaktion auf einen akuten Verlust als Emotion gesehen, deren Funktion darin besteht, den eingetretenen Verlust zu überwinden, indem im normalen Trauerverlauf die allmähliche Ablösung von der verlorenen, geliebten Person und der Aufbau neuer sozialer Beziehungen und Bindungen durch das Trauerverhalten gefördert wird. Der trauernde Mensch befindet sich im Übergang zu einer neuen Identität. Zwischen den alten Bezügen - der gefühlsmäßigen und lebenspraktischen Orientierung auf den verlorenen Partner, die Freundin, den Sohn oder die Mutter - und der ungewissen Zukunft mit der zu leistenden Neuorientierung liegt die Trauerzeit als eine schmerzhafte Phase des Übergangs. Das "Bild des kürzlich Verstorbenen ist immer noch Teil der Ordnung der Dinge dieser Welt und verliert sich nur langsam in Serien innerer Abschiede. Dass mit dem Angehörigen immer auch ein Teil des eigenen Ichs stirbt, ist mehr als eine Redensart. Die Trauer ist ein durch und durch individueller Prozess, und niemand kann wissen, was einem Hinterbliebenen am meisten hilft, mit seinem Verlust fertig zu werden, denn sein Verlust ist der größte persönliche Verlust auf der Welt, mit nichts zu vergleichen und zu bewerten, sein ganz persönlicher Katastrophenfall. Sie hat viele Gesichter, und jedes davon hat eine nach innen und eine nach außen gekehrte Seite. Die Zeichen der Trauer reichen von Verschlossenheit oder Gleichgültigkeit über Angst und Wut bis hin zu Niedergeschlagenheit und Verzweiflung. Oft existieren völlig unrealistische Vorstellungen darüber, in welchem Zeitraum der Verlust eines Menschen zu verarbeiten ist. Mit dem Verschwinden der Trauerkleidung, die über eine langen Zeitraum getragen wurde, scheint im allgemeinen Bewusstsein auch das Trauerjahr verloren gegangen zu sein. Schon gar nicht ist es gesellschaftlich erlaubt, viele Jahre den Verlust eines Menschen zu beklagen. Seit die Trauer um einen Verstorbenen nicht mehr wie früher von einer größeren Gemeinschaft getragen wird, seit sie nur noch Familienangelegenheit - und sich immer mehr zur Single-Angelegenheit entwickelt -, wird sie ins Verborgene abgedrängt. Man trauert nicht mehr öffentlich, sondern versteckt sich hinter der Wohnungstür. Man kontrolliert seine Gefühle und seine Gesichtszüge. Damit werden Trauerrituale unterbunden, die in ihrer Symbolhaftigkeit immerhin zum traditionellen Brauchtum gehörten. Das öffentliche Zeigen von Trauer und Schmerz hat seine rituelle Kraft eingebüßt, ist peinlich geworden. Zunehmend gilt Trauer als eine Krankheit und nicht mehr als natürlicher Prozess, der Menschen hilft, sich in einer überaus schwierigen Lebenssituation zurechtzufinden. Diese Privatisierung des Todes und der Trauer hat nicht nur zur Folge, dass der Trauernde sich isoliert vorfindet, sondern symbolisiert ebenso den Verlust eines Sinnhorizontes und den Verlust mitmenschlicher Kommunikation. In einer Welt, in der der Tod einzelner Menschen aus gesellschaftlicher Sicht kaum ins Gewicht fällt, in der jeder Mensch ersetzbar scheint und nur als funktionaler Teilaspekt eines überwältigenden Ganzen auftritt, wird die Ausbildung gemeinsamer symbolisch-sinnhafter Trauerrituale verhindert: Sie verweist den Menschen auf sich selbst. Hierdurch wird die Trauer immens erschwert, wenn nicht gar verhindert. Die erfolgreiche, gesunde Bewältigung von Tod und Trauer ist dort am größten, wo trostspendendes, kommunikatives und sinnstiftendes Verstehen vorhanden ist. Es wird selten bedacht, das ein Todesfall in der Familie immer einen Wendepunkt darstellt.

Wir haben den Trend zum anonymen Begräbnis, ein allgemeiner Entsorgungstrend und die große Mehrheit empfindet die Abwesenheit all dessen, was an das eigene Sterben erinnern könnte, als normal, wenn nicht gar als natürlich. Aber auf unseren Friedhöfen sehen wir, dass die unvorbereitete und in Eile getroffene Entscheidung für Grabstellen ohne Möglichkeit der Grabpflege und Gestaltung in starken Widerspruch zu unserem Bedürfnis der Trauerbewältigung steht. Viele Trauernde vermissen die Atmosphäre und die Möglichkeit ungestört an der Grabstätte einen inneren Dialog mit dem Verstorbenen zu führen. Hilflos versuchen Sie eine persönliche Geste zu hinterlassen. Sie wollen ihre Blumen ihrem Verstorbenen zugeordnet wissen. Ihnen fehlt der Ort zum Trauern. Blumen, die wir auf dem grab niederlegen, sagt der Philosoph Alain dienen ganz alleine dazu, dem Verstorbenen unsere Gedanken zuzuwenden und das Gespräch in Gang zu bringen. Schauen wir uns um, so sehen wir, dass an Urnenwänden, auf anonymen Feldern und sogenannten Rasenfeldern, trotz der nicht vorhandenen Möglichkeiten dennoch Blumen und kleine Erinnerungsgegenstände als Trauergruß abgelegt werden. Die Trauernden wollen dieses Ritual der Trauerbewältigung in Anspruch nehmen. Es ist heilsam. Allerdings ist der Wunsch, mit dem Tod spurlos zu verschwinden durch eine Reihe guter Gründe gestützt. Man hat der Nachwelt nichts zu sagen. Man findet nicht die geeignete Form für seine Botschaft. Man möchte vergessen werden. Man will den Hinterbliebenen nicht zur Last fallen, sie nicht zu Besuch und Pflege des Grabes nötigen. Oder, Im Gegenteil: Man legt es darauf an, dass die Nachwelt sich ärgert, in dem man ihr post mortem nichts zu bieten hat. Außerdem kommt eine anonyme Feuerbestattung wesentlich billiger als ein Erdbegräbnis samt Stein. Der freiwillige Verzicht auf ein Grabmal ist auch ein Lebenszeichen. Es ist auch eine Botschaft, auch wenn sie nicht so gut wahrnehmbar ist wie ein Grabstein und sich nicht selbst erklären kann. Es stimmt, das der Rückzug in die Anonymität es den Nachkommen erschwert, Trauerrituale zu entwickeln, und der Nachwelt weniger zu schauen gibt. Dass diese Entwicklung der Friedhofskultur nicht gut tut, liegt auf der Hand.
Wir brauchen einen kultivierten Umgang mit unseren Verstorbenen. Wir brauchen das Grab als die einzig begreifbare Antwort auf die Frage: Wo sind unsere Toten? Wie die Hinterbliebenen mit den Verstorbenen umgehen, welche Bestattungsrituale es gibt, wie Trauer ausgedrückt wird, welche Bedeutung dem Tod im Leben gegeben wird, hängt von dem Bild ab, das eine Kultur vom Tod hat. Tote, die spurlos verschwinden, sind vor allem pflegeleichte Tote. Denn eines ist gewiss: Sie fallen ihren Angehörigen nicht mehr zur Last. Sie entbinden die Nachkommen von der Verpflichtung, das Grab in Ordnung zu halten. Doch es geht nicht nur um den Respekt gegenüber den Toten, sondern auch gegenüber den Lebenden. Menschen schädigen sich selbst, ihren eigenen Selbstwert, wenn sie die Würde der Verstorbenen verletzen.

Es ist uns beim Tod eines nahestehenden Menschen oft nicht bewusst, welche dramatische Tragweite all zu schnell getroffenen Entscheidungen für die nachfolgende Trauerbewältigung haben. Erst nach einiger Zeit, wenn alle Aktivitäten, Formalitäten und die Bestattung vorbei sind, erfahren die Trauernden, dass das urmenschliche Bedürfnis, fürsorglich mit einem geliebten Menschen umzugehen, nach dessen Tod nicht einfach abzuschalten ist. Es benötigt einen langen Zeitraum und einen fest bestimmten Ort, an dem die Fürsorge für den Verstorbenen im Rahmen der Trauerbewältigung ihren neuen Platz findet und Trost spendet um langsam versiegen zu können. Es ist ein großer Selbstbetrug und gegenüber den Angehörigen eine Ungerechtigkeit zu glauben, dass nach dem Tod deren emotionale Sehnsucht plötzlich endet. Wenn Menschen nur oberflächlich Abschied nehmen von ihren Verstorbenen, sind die Chancen groß, dass diese Toten die Lebenden noch sehr, sehr lange ungut beschäftigen werden. Trauerwege sind Wüstenwege. Wer sich weigert, sie zu Ende zu gehen, wird in der Trauer stecken bleiben und womöglich den Rest seines Lebens in einer Wüste verbringen.

Trauer greift einen Menschen an einer Stelle auf und setzt ihn an einer anderen wieder ab.
Durch einen abgeschlossenen Trauerprozess gewinnt ein Mensch emotionale Reife. Es geht darum, Bilanz zu ziehen und das Leben neu zu ordnen. Was war bisher wichtig? Was ist jetzt weniger wichtig? Die Prioritäten verschieben sich oder werden neu gesetzt, denn der Tod des Anderen gemahnt immer an die eigene Einsamkeit. Ein wichtiger Teil und ein gangbarer Weg der Trauerbewältigung ist der Besuch am Grab. Es ist der Ort, wo ich mich wohlfühle, wo ich vertraut bin, wo ich mich bewegen und entwickeln kann. Hier entsteht wieder eine intime Verbindung zum Toten und eine Verbindung zu der gemeinsam gelebten Zeit mit einem Grabzeichen eines gelebten Lebens, welches die Essenz einer Biographie zum Zeichen werden lässt. Ein sinnvolles Grabmal bewahrt die Identität, das Wesen und den Lebensinhalt eines Verstorbenen, um die Erinnerung an ihn zu erhalten, um mit ihm über den Tod hinaus in Verbindung zu bleiben. Als Zeichen der Trauer und des Verlustes nimmt es die Stelle des Verstorbenen ein, als Erinnerungsmal und konkrete Ausdrucksmöglichkeit der Gefühle für die Hinterbliebenen.

Mit der Entfremdung des Menschen von der Natur entfallen immer mehr Deutungsmuster, welche den Tod als natürlichen Vorgang, als Teil des Naturkreislaufes sehen und akzeptieren. Auch die christliche Sinndeutung des Todes hat im Zuge des Säkularisierung der Gesellschaft zunehmend ihre Kraft für weite Teile der Bevölkerung verloren. Die Emanzipation von transzendentalen Weltauffassungen hat zu einer stärkeren Ausrichtung auf das Irdische geführt; die traditionellen Rituale der Trauer und der individuellen und kollektiven Vorbereitung auf den Tod haben keinen Ort mehr in einem Leben, das von am Diesseits orientierten Werten dominiert wird. Über das Sterben zu reden hat in der heutigen Gesellschaft wenig Raum, da das "Besprechen" des Todes keine Funktion mehr erfüllt. Wie sehe ich den eigenen Tod und den Tod des Anderen? Welche Bedeutung hat es für mich, für mein Leben, das alle Menschen sterblich sind? Kann ich dem Tod einen allgemeinen oder einen persönlichen Sinn abgewinnen? Durch das Reden über den Tod sucht man nach der Spezifik eines Ortes, um auszudrücken: Mein Ort ist nicht beliebig, meine Wurzeln sind nicht beliebig- ich bin nicht beliebig. Meine Seele ist ein Ort meiner Einmaligkeit, meiner Geschichte, des besonders zu Erinnernden an mir. Die "letzte Wohnung" spiegelt die Lebensweise, den kulturellen Anspruch, die Entfremdung von der Natur folgerichtig wider. Der Friedhof kann nicht heiler sein als das Leben der Menschen.

Durch alle Jahrtausende zieht sich die Hoffnung der Menschheit auf ein Leben, das nicht mit dem Tod das absolute Ende findet. Eine Interpretation besagt, dass nur der tot sei, der vergessen ist. Hier setzt der Gedanke an, ein Zeichen an die Stelle zu setzen, wo ein Mensch beerdigt wurde. Dieses Zeichen soll die Erinnerung wach halten und den Toten nicht in Vergessenheit geraten lassen. Bewusst machen sollte man sich dabei, dass jeder Mensch einzigartig ist. Das Grabmal sollte immer etwas von diesem einmaligen Wesen und vom Charakter des Verstorbenen widerspiegeln. Grabmale vermitteln jenen Hauch von Ewigkeit, von dem unsere Liebe, unser Glaube und unsere Zuversicht leben. Mit dem Grabmal sind ausschließlich ideelle Werte verbunden. In diesem Kontext der Gefühle wird das Grabmal nur dann seine Berechtigung behalten, wenn es als etwas sehr persönliches und individuelles verstanden wird. Dies wird nicht dadurch entkräftigt, dass die Grabmale zu einer gewissen Normierung neigen. Die Hinterbliebenen wollen in aller Regel ihre Individualität lediglich in einem gewissen Rahmen ausleben; aber sie brauchen das Gefühl dieser Individualität. Auch wenn das Grabmal heute mit modernsten Fertigungsmethoden produziert wird, darf nicht der Eindruck eines Massenproduktes entstehen. Übervolle Lagerhaltung beim Steinmetzen wird diesem Kundenbedürfnis nicht gerecht, ebenso das Angebot, im Herrichten und Versetzen des Grabmales besonders schnell zu sein. Das Grabmal muss in seinem Entstehungsprozess für den Kunden über eine lange Zeit attraktiv sein und bleiben. In seinem Werdeprozess muss es ein Begleiter in der Trauerzeit sein und kann als Botschaft, modern ausgedrückt, als Träger von Kommunikation verstanden werden.

"Ein Grabmal muss ein Schlusswort zu einer Lebensgeschichte sein, ein Schlussstein im Gewölbe." (Prof. W. Spemann)

Heute hinterlassen unsere Friedhöfe beim Betrachter den Eindruck gepflegter Ordnung und liebevollen Gedenkens. Gleichwohl empfinden sensible und bewusst schauende Menschen Unbehagen darüber, dass viele Grabsteine tausendfach kopiert und ohne tieferen Sinngehalt auf den Gräbern unserer Toten stehen. In ihrer Gesamtheit können Grabmale Friedhöfe zu Steinwüsten werden lassen oder im Einzelfall die umliegenden Gräber optisch zudecken, ersticken oder übertrumpfen.

Zwei Überlegungen sind bei der Wahl und Gestaltung eines Grabmales anzustellen. Zum einen sollte sich das Grabmal in die Gesamtanlage des Friedhofes einordnen, zum anderen soll das Grabmal im Sinne von Denkmal einen Inhalt ausdrücken, der über die reine Information, wer hier bestattet ist, hinausgeht. Aus der konkreten Situation der Grablage und den auf dem Friedhof vorzufindenden Grabmalen lässt sich eine erste Regel aufstellen.

Die Wahl eines Grabmales beginnt nicht bei den Steinmetzen, sondern auf dem Friedhof.

Ein Gang durch die Gräberreihen kann erste Eindrücke vermitteln, welche Erwartungen man selbst an ein Grabmal stellt. Es wird dort Grabmale geben, die einem gefallen, und solche, die einem nicht behagen. Daran schließt sich sinnvoller weise die Frage nach dem Warum des Gefallens oder Unbehagens.

Das Grabmal ist kein Gebrauchsgegenstand wie jeder andere, sondern es erfordert Überlegung, Phantasie und Kreativität. Wenn es um seine Gestaltung geht, ist das Gespräch darüber mit anderen Menschen hilfreich. Es können Verwandte sein, Angehörige, Freunde. Es ist das letzte Geschenk, das der Hinterbliebene dem Toten machen kann. Für solch ein Gespräch, in dem das Grabmal entwickelt wird, stehen auch und gerade die Bildhauer und Steinmetze zur Verfügung. Auf deren Erfahrung und fachliche Kompetenz sollte man nicht verzichten. Ein in dieser Weise verantwortetes und gestaltetes Grabmal wird das eigene Leben bereichern und seine Spuren auch bei anderen Menschen hinterlassen.

Allerdings wird der Erwerb eines Grabmales heute sehr einfach gemacht, sogar das Bestellen nach Katalog ist möglich und entspricht durchaus unserem Konsumverhalten. Spätestens einige Tage nach der Beerdigung findet man Geschäftsanzeigen und Hochglanzprospekte der Steinmetze und Grabmalverkäufer im Briefkasten. Aber es wäre schade, würde man hier der vorherrschenden Katalogmentalität nachgeben, denn es gilt gerade beim Erwerb eines Grabmales "Der Weg ist das Ziel". Wichtig ist der prozesshafte Weg zur Erlangung eines Grabzeichens über viele gedankliche Stationen, an deren Endpunkt erst das aufgerichtete Grabmal steht. Es ist zu wertvoll, um hier einen vorschnellen Kauf zu tätigen. Denn auch das ist Trauerarbeit und Verlustbewältigung über das erinnernde Nachdenken über den Verstorbenen eigene Kreativität in Gang zu setzen.

Das vorherrschende Grabmal ist aus Naturstein. Es kann aus Weich- oder Hartgestein bestehen, und nahezu alle weltweit gehandelten Gesteinssorten sind heute lieferbar und einsatzfähig. Sein Erscheinungsbild hängt von der Gesteinsart (Farbigkeit und Struktur), der Form und von der Art und Weise der Bearbeitung ab.

Der Stein, wie er aus der Natur gebrochen erscheint, ist roh, zerklüftet und unstrukturiert. Durch verschiedene maschinelle und handwerkliche Bearbeitung erhält er sein entgültiges Aussehen. Die Spuren der Zurichtung können den rohen Steincharakter betonen oder sie lassen die Ansichtsflächen als spiegelnde Platten erscheinen. Die Entscheidung für das eine oder andere kann aus Gewohnheit oder in gestalterischer Absicht geschehen, sie kann davon abhängen, inwieweit der Auftraggeber ein persönliches Grabmal oder nur ein Zeichen schaffen will.

Um bei der Vielzahl der Gestaltungsmöglichkeiten zu gewährleisten, dass das Grabmal der Persönlichkeit des Verstorbenen entspricht, bietet es sich an, das Grabmal gemeinsam mit einem qualifizierten Handwerker oder einem Künstler zu entwerfen. Eine solche Zusammenarbeit setzt die Bereitschaft voraus, in ausführlichen Gesprächen das eigene Anliegen dem Gestalter zu erläutern. Dieser kann das Grabmal in Form, Material, Inhalt und Oberfläche genauestens auf die persönlichen Vorstellungen abstimmen, denn vielfach wünschen sich die Kunden einen größeren Einfluss auf die Grabmalgestaltung. Eine gute Beratung und eine verstehende, kreative Hinführung zu ihrem persönlichen Grabzeichen, die intensive Auseinandersetzung des Steinbildhauers mit ihren Informationen ist ein Qualitätszeichen des gestaltenden Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerkes. Fordern sie sich und ihren Steinmetz und lassen sie sich Zeit auf ihrem Weg zu einem angemessenen, personenbezogenen Grabmal.

Die Form des Grabmales, seine Inschriften, Symbole und Zeichen lassen das Grabmal zu einem individuellen Denkmal werden. In ihm können sich die Lebenswirklichkeit, der Lebensweg, die Art des Todes und die Einstellung zum Tod des Verstorbenen spiegeln. Der Grundgedanke des personenbezogenen Grabmales ist hilfreich, will man die Gleichförmigkeit und die Ausdruckslosigkeit gleichgestaltiger Massengrabmale überwinden. Denn jeder Mensch ist im Leben wie im Sterben ein unverwechselbares Original und somit nicht auf Quantität reduzierbar. Das personenbezogene Grabmal kann dabei zwei Aufgaben erfüllen: zum einen ermöglicht es ein angemessenes Erinnern, Gedenken und Würdigen der Person des Verstorbenen. Zum Anderen kann es Anlass sein, über das eigene Leben und die eigene Einstellung zum Tode nachzudenken. Dieses Nachdenken kann eine Chance sein, das Leben als Geschenk zu begreifen, die verbleibende Zeit bewusster anzunehmen, zu gestalten, zu leben und alle Möglichkeiten auszuschöpfen.

Die große Mehrzahl heutiger Grabsteine stammt aus industrieller Fertigung, d.h., zur Herstellung werden überwiegend maschinentechnische Mittel eingesetzt. Für diese Grabmale ist die glänzend polierte Oberfläche charakteristisch. Die Palette der gängigen Formen ist breit gefächert, doch sind die Möglichkeiten, die gängigen Formen auf die persönlichen Vorstellungen abzustimmen im Vergleich zum handwerklichen Grabmal eher begrenzt. Diese geben zwar dem Käufer das Gefühl der Konvention entsprochen zu haben, aber sie befriedigen nicht seinen Wunsch nach Individualität. Denn die Identität, das Individuelle ist kein Massenprodukt.

Die Trauer braucht also Form und Ausdrucksmöglichkeit, braucht Rituale und einen festen Ort, um nicht übermächtig und lähmend zu werden. In dem das Ritual Trauer und Hoffnung in Bewegung bringt, hilft es, die unaufhebbare Grenze des Todes wahrzunehmen, ohne dem Tod das Feld zu überlassen und völlig gelähmt zu sein. Rituale, wie zum Beispiel die Grabpflege, sind verlässliche Gefährten im Trauerprozess und so wenig diese durch Verbalität substituierbar sind, so sehr brauchen Rituale auch Worte. Menschen haben das Bedürfnis sich denkend und sprechend mit den Themen Tod, Verlust und Schuld auseinander zu setzen. Für Gespräche, für Rituale müssen Räume vorhanden sein. Orte an denen sich Betroffene, Hinterbliebene, Freunde und Angehörige zurückziehen, eine Kerze anzünden, schweigen, weinen, reden können. Alles dies, um Kraft zu finden, gegen ein starres Fatum aufzustehen, in der Erinnerung Nähe zu spüren und in dieser Gegenwart die Wiedergewinnung der Stille, des Eigenen als ein Geschenk zu empfangen. Das Grab, mit einem gutgestalteten Grabzeichen, ist eine Form, gegenüber dem Unsäglichem wieder in das eigene Leben zurückzufinden.

Das ist die bleibende Aufgabe jeder Grabkultur - jeder Erinnerungskultur.